Hieronymus Hörnle / Hubertus Röhrer - Anthologie der Forstlyrik

oder
Allgemeinverständliche Einführung
in Hirschlogik, Hirschgeist und
Forstpoesie,
nebst Kommentaren und einer
Erklärung der gebräuchlichsten
Fachausdrücke

Münster 1961 - Privatdruck

Motto

EIN HIRSCH bleibt immerdar EIN HIRSCH,
Sei er nun unwirsch oder wirsch!
(Epilog des Urhirsch)

Geleitwort

Seit mehr als zwei Jahren beschäftigen sich die Herausgeber der nun endlich vorliegenden »Anthologie der Forstlyrik« mit der Wissenschaft der Veterinärphilologie, wissend, daß die exakte Analyse einer wenig bekannten Lyrik-Form ihr Reifestadium erst erreichen muß, ehe sie der Öffentlichkeit unterbreitet werden kann. Jedoch nicht nur das bedächtige und verantwortungsbewußte Arbeiten so berühmter Veterinärphilologen wie Hubertus Röhrer, Hieronymus Hörnle und Waldemar Brunftschweiß hat die lange geplante Veröffentlichung einer Schrift über die Forstlyrik hinausgezögert; es fehlte darüber hinaus auch an einem Verleger, der sich mit dem gebührenden Ernst einer so jungen Wissenschaft gewidmet hätte. Zwar finden sich in Deutschland mehr als genug Verlage, die vorwiegend wissenschaftliche Literatur fördern und letztlich auch daran verdienen, jedoch erwies sich bei Verhandlungen mit Vertretern dieser Verleger-Spezies immer wieder die Tatsache als hinderlich, daß in den Reihen der Veterinärphilologen keine so erlauchten Namen wie von Wiese, Jordan, Guardini zu finden waren. Jetzt legen die Herausgeber ihre Schrift über die Forstlyrik als Privatdruck vor, nachdem sich bereits im Februar 1961 die münsterische Studentenzeitschrift SEMESTERSPIEGEL mit einer auszugsweise vorgenommenen Veröffentlichung der Forstlyrik gewidmet hatte. Allerdings wurde es auch langsam Zeit, daß die Forstlyrik der Öffentlichkeit vorgestellt wurde; nicht etwa deshalb, weil die Herausgeber ungeduldig auf eine Publikation gedrängt hätten, sondern weil inzwischen eine Gefahr drohte, die einer so unkonventionellen Wissenschaft wie der Veterinärphilologie fast einen Teil ihrer Ernsthaftigkeit geraubt hätte: die Anzahl von literarischen Scherz-Versuchen, die in letzter Zeit den Buchmarkt überschwemmt, hätte den Verdacht aufkommen lassen können, auch bei der Forstlyrik handele es sich um eine karnevalistische Publikation.

Im Gegensatz zu den genannten bewußt scherzhaft aufzufassenden Literatur-Versuchen wollen die Herausgeber hier ausdrücklich festgestellt wissen, daß es sich bei der Forstlyrik um eine ernstzunehmende, äußerst sublime Angelegenheit handelt, um die der Brockhaus in Zukunft nicht herumkommen wird.

Wie übrigens den Herausgebern von maßgeblichen Stellen in Bonn mitgeteilt wurde, will die Bundesregierung alles tun, um zu erreichen, daß in der neu zu gründenden Europa-Universität, falls eine Gründung zustandekommt, ein Lehrstuhl für Veterinärphilologie errichtet wird.

Münster, im April 1961

DIE HERAUSGEBER

Einleitende Bemerkungen

»Hirschgedichte spazieren auf dem Seil, das zwischen Ungeist und Übergeist hängt. Meist sind sie sprachlich verständlich. Aber der in ihnen verpropfte Hirschgeist sprengt den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung: Hirschgedichte sind unlogisch. Forstlyrik ist autark. Verfasser von Hirschgedichten, ungenannte und unsichtbare Rufer in der Barbarei unserer Zeit, denken links...« HUBERTUS RÖHRER

Diese Anthologie hat die Aufgabe, einem breiteren Publikum die Probleme und Ergebnisse vorzulegen, die sich aus der Beschäftigung mit der Forstlyrik für die erleuchtetsten Köpfe unserer Wissenschaft ergeben haben.

Mag die Sammlung ihr Ziel darin finden, Aufklärung zu verbreiten über die vielerorts nicht genügend gewürdigte Arbeit von Cervologen und Veterinärphilologen! Mag sie ferner dazu dienen, den seit Anbruch der industriellen Revolution in unserem Volke schwelenden Zwiespalt zwischen verstandesmäßiger Logik und Hirschlogik (Logos) zu überbrücken!

Die wahren Denkmaßstäbe müssen wiederhergestellt werden. Dazu soll die Beschäftigung mit dem Bermerkenswertesten, dessen die menschliche Sprache fähig ist, ihren Teil beitragen. HIERONYMUS HÖRNLE

Brunftschweiß und Geweihwasser

(Enzyklopädisches Stichwort: Zur vorherigen Lektüre empfohlene Einführung in den Gegenstand).

Das Phänomen des Hirsches hat zu allen Zeiten die Menschheit gefesselt und erstaunt. Seit der grundlegenden Untersuchung der Veterinärphilologen Henry Dabbeljuh Hearsh und Jean Baptiste Irche, die noch heute in der Fachwelt als unwiderlegt gilt, dürfen wir als gesichert annehmen, daß wir in der Gattung der Hirschgedichte (auch: capitale Stanzen, Lieder derer Gwih-Trager, poems of the horned ones, Vierzehnender-Sonette oder allgemein »Forstlyrik« genannt) die frühesten sprachlichen Äußerungen der Menschheit und gleichzeitig deren Krönung vor uns sehen.

Dementsprechend sind die Hirschgedichte bereits frühzeitig Gegenstand wissenschaftlicher Forschung geworden. Wenn wir von dilettantischen Bemühungen, an das Phänomen heranzutreten, bei Ägyptern und Babyloniern in der Zeit vor Christi Geburt absehen, haben uns die Veterinärphilologen, Cervologen und (in neuer Zeit) die analytisch-synchron-optische Richtung der Veterinärpsychologie eine Fülle von Aufschlüssen vermitteln können, die auszuwerten nur dem »vom Hirschgeist Besessenen« (Xaver Gweihstaengle, Logos und Hirschgeist, 1. Aufl. 1783) gelingen kann.

Auf keinem anderen Gebiete, es sei denn, auf dem der Religion, sind menschliche Äußerungen bekannt, die von prähistorischen Zeiten bis heute, unabhängig voneinander in allen Regionen und unter allen Völkern und Rassen entstanden und eine so grundlegende strukturelle Übereinstimmung zeigen, wie die Hirschgedichte. Die an sich faszinierende These des unvergessenen Balthasar Rehbock, der in der im Jahre 1904 aufgefundenen Handschrift des URHIRSCH Zentrum und Quelle aller bekannten Hirschgedichte sah, darf durch die letzten Funde endgültig als überholt gelten. Dagegen ist man heute in Fachkreisen der einhelligen Auffassung, daß von einer einzigen Keimzelle und mündlicher Weiterverbreitung nicht die Rede sein kann, daß wir es vielmehr mit einem irrationalen Phänomen zu tun haben. Der von dem Nestor der deduktiven Cervologie, Xaver Gweihstaengle, geprägte Begriff des »Hirschgeistes« scheint dies zu umschreiben. G. nimmt an, daß der Hirschgeist (Logos) von Anbeginn über dem menschlichen Dichten und Trachten, besonders über letzterem, waltet. Der vom Hirschgeist Besessene, so folgert Gweihstaengle, fände sich als initio und sine conditio et studio in einem Vermögen, in Hirscheszungen zu singen, wobei seine Individualität ausgelöscht und er lediglich Sprachröhr von etwas außer ihm Seienden sei. Die letzten Funde scheinen Gweihstaengle in allen Punkten recht zu geben.

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